Führungsteams sind sich oft unsicher, dass man den Mitarbeitern nicht geschlossen, mit „einer Stimme“ begegnen könne – viele Teams scheuen aus diesem Grund den lebendigen Dialog und die produktive Konfrontation mit den Mitarbeiterinnen.
In einem Coaching berichtet eine Führungskraft, dass es ihr schwerfiele, ihren Mitarbeitern Orientierung und Klarheit zu vermitteln – es gäbe da eine weitere, ältere Führungskraft im Team, die großen Einfluss auf das Team habe. Insbesondere sieht diese Führungskraft die Dinge anders, hat andere Ideen und vertritt andere Werte.
Nun: jeder lebt in seiner eigenen Wirklichkeit und nimmt sich und die Umwelt subjektiv wahr. Objektivität gibt es nicht mehr, sobald es einen (subjektiven) Beobachter gibt (bemerkenswert, wenn manche Menschen Sätze sprechen: „also, ganz objektiv ….“ oder „in Wirklichkeit ….“).
Führungsteams könnten wesentlich entspannen, wenn sie davon ausgingen, dass unterschiedliche Sichtweisen die Regel sind. Klar ist es hilfreich, sich in Bezug auf bestimmte Dinge abzustimmen, die die Basis für eigenverantwortliches Handeln sein sollen (Strategien, Ziele, Spielregeln).
Eine Führungskraft, die glaubt, sie müsste 100 % widerspruchsfreie Orientierung geben, überfordert sich und unterfordert andere. Es macht andere denkfaul. Wie hilfreich, wenn zwei oder mehrere Führungskräfte sich unterschiedliche Sichtweisen erlauben: auf jeden Fall lernt man, andere gegenseitig auszuspielen – eine im Management hilfreiche, oft schon im Elternhaus perfektionierte Kulturtechnik 😉
Im besten Fall lernen Menschen selbständig zu denken und zu handeln und sich in einer widersprüchlichen Welt angemessener zurechtzufinden. Die Postmoderne, in der sich viele „Richtigkeiten“ behaupten wollen, lässt sich mit dieser entwickelten Ambiguitätstoleranz (von „entweder-oder“ zu „beides“) auch besser geniessen.