Zu seiner eigenen Meinung zu stehen, auch wenn man damit ganz alleine dasteht. Im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung, zur Mehrheit zu stehen — eine grosse Herausforderung? Ich habe den Franziskanerpater Richard Rohr, den Wegbereiter einer neuen, spirituellen Männerarbeit, im Ohr, der es sogar als die Essenz von Männlichkeit bezeichnet hat. Dass die Qualität einer eigenen Meinung bedeutsam ist, stützt auch Nina Deißler in ihrem Ratgeber „Klartext für Männer — Was bei Frauen wirklich ankommt“ — aber darum geht’s jetzt nicht 😉
Wann sind Sie das letzte Mal wirklich zu etwas gestanden? Vielleicht auch zu etwas, was sich im nach hinein als falsch erwiesen hat — und sie dies auch noch zugegeben haben? Und das im Unternehmenskontext — ohne gefallen oder wirken zu wollen — aber auch nicht, weil man es von erwartet, weil sie „der mit den Ecken und Kanten“ sind, sondern aus innerer Überzeugung und Beherztheit? Es geht auch nicht um ein blosses Widersprechen — es geht darum, zum Eigenen zu stehen, der eigenen Wahrnehmung Gehör zu verschaffen.
Gerne zeige ich in Workshops ein Video mit einem Kartentrick. Aufgrund der Wahrnehmungsfokussierung, diesem Trick auf die Spur zu kommen, übersehen viele Beobachter die recht offensichtlichen Veränderungen. Abgesehen davon, dass viele verblüfft wahrnehmen, wie wenig sie wahrnehmen, sticht eine andere Dynamik ins Auge: selbst achtsame Teilnehmer, die mehrere Farbveränderungen sehen, stehen selten zu ihrer Wahrnehmung. Sie äussern diese oft als bloße Ahnung, Vermutung oder Bauchgefühl — meist sehr leise und verstummen, wenn andere Teilnehmer diese Beobachtungen nicht teilen. Dazu kommt, dass diese „Abweichler“ von der Mehrheit, die weniger gesehen hat, auch selten unterstützt wird. Das Ergebnis: eine Gruppe sieht weniger als einzelne, da diese aus Sorge, etwas „Falsches“ gesehen zu haben, sich und ihre Meinung nicht nachhaltig einbringen.
Frage:
Werden in Ihrem Team unterschiedliche Wahrnehmungen nivelliert oder genutzt? Werden unterschiedliche Wahrnehmungen exploriert, wird nachgefragt, oder wird eher für Einstimmigkeit argumentiert? Fragen Sie sich, was Sie tun können, um mehr gesunden Widerspruchsgeist, mehr zum Eigenen stehen, mehr Beherztheit fördern können.