Nehmen wir Abschied vom „heroischen Management“ und begrüssen Sie Führung 2.0. Oder 3.0. Oder 4.0. Was gerade eben cool, agile und breakthrough klingt.
Wir sind längst im postheroischen Zeitalter angekommen: Führungshandlungen sind immer „trial & error“, im Idealfall ein qualitatives, lernendes, sich durch Beobachtung und (Selbst-)reflexion entwickelndes „trial & error“, in dem sich Fehler nicht wiederholen, sondern Lernen stattfindet. Wenn es dann immer wieder mal nicht „klappt“, dann gibt es noch etwas zu lernen.
„Entschieden werden muss das prinzipiell Unentscheidbare“
– Heinz von Foerster)
Es gibt damit keine eindeutigen Lösungen, bzw. einfache Wenn-Dann Kausalitätsketten: Frei nach Heinz von Foerster gilt damit: „Entschieden werden muss das prinzipiell Unentscheidbare“. Auch haben Menschen blinde Flecken in der Wahrnehmung. Wir halten uns oft für unfehlbar, weise, sind sicher, dass wir alles relevante wahrgenommen haben. D. h. wir brauchen Reflexion und Feedback, wir brauchen andere, die uns auf unseren Blinden Fleck, den wir selbst nicht sehen, hinweisen. „Sehen“ bezieht sich dabei auf jede Art von Wahrnehmung.
Werden Sie Anwalt der Ambivalenz!
Jedes System strebt nach selbstdefiniertem, innerem Ausgleich, z. B. Veränderung sucht Stabilität, Aktivität sucht Ruhe, Spannung und Entspannung, Aktion/Kontemplation, Sonne/Regen, Yin/Yang, Ordnung/Freiheit, Lachen/Weinen, …
Je mehr jemand eine bestimmte Seite betont (z. B. wenn Führungskräfte nur das Positive am Change „verkaufen“ wollen, Personalentwickler nur das Positive am neuen HR-System zeigen wollen), desto mehr wird das System für Ausgleich sorgen (die Mitarbeiter werden dann besonders kritisch, skeptisch reagieren).
„Don’t sell change!“
Seien Sie Anwalt der Ambivalenz: „Was ist der Nutzen, der Preis … was wir leicht, was wird schwierig … was wird neu, wovon werden wir uns verabschieden ….“
Auch: je mehr wir zwingen, umso weniger geht oft. Die entstehende „Reaktanz“ – verstärkt durch einen in der Kindheit gelernten Trotz – führt zu Widerstand: regt sich oft auch nur dadurch, dass jemand auf uns Druck ausübt: „ich bin ja bereit, aber gehen Sie bitte ordentlich mit mir um!“
Diese Energie (die – ja meistens nur vom anderen – als Widerstand oder Trotz bezeichnet wird, man selbst sieht sein Verhalten ja angemessen und zur Wahrung der eigenen Grenzen notwendig) ist jedoch eine Energie, die die Identität, die eigene Autonomie und den eigenen Willen verteidigt.
Der Psychotherapeut Gunther Schmidt regt an, Widerstand als “kostbares Kommunikationsangebot zur kooperativen Umgestaltung des … Kontexts“ zu verstehen. Anders formuliert es der Schriftsteller Martin Page für das scheinbar paradoxe Verhalten eines verliebten Mannes: „Der freie Wille war die Voraussetzung für seine Unterwerfung.“
Verantworten heisst im ursprünglichen Sinne „eine Antwort finden“. Dabei sind die Frage, die sich Führungskräften stellen, nicht trivial: die Fragen sind nicht einfach, schon gar nicht die Antworten. Wenn „Krise“ die Frage ist, welche Antwort ist passend, stimmig und angemessen?
Wichtig ist für Führungskräfte herauszufinden, ob es sich um eine einfache „technische“ „Fragen“ handelt (Probleme 1. Ordnung) handelt oder um komplexe Probleme 2. Ordnung:
Probleme 1. Ordnung („richtig/falsch“) löst man mit geeigneter Expertise und Analyse – man analysiert, was richtig ist.
– Christian Baudisch
Probleme 2. Ordnung müssen entschieden werden – man entscheidet, was (dadurch) richtig wird.